Zur morgigen Befragung von Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg durch den Haushaltsausschuss des Bundestags im Zusammenhang mit der Vergabe von Aufträgen an die Kanzlei Linklaters erklärt die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion Carola Reimann:
Nicht nur die Zuarbeit kompletter Gesetzentwürfe durch die Kanzlei Linklaters - wie im Fall des Gesetzentwurf zur Zwangsverwaltung maroder Banken - oder das unklare Verhältnis zu verschwägerten Linklaters-Anwälten ist vor dem Haushaushaltsausschuss klärungsbedürftig.
Auch die Vergabe von Aufträgen zur Umsetzung des Akkreditierungsstellengesetzes an die Londoner Anwaltskanzlei Linklaters verlangt nach Aufklärung. Hier setzt zu Guttenberg mit der Einschaltung Linklaters sogar den ärgerlichen Höhepunkt in einem von seinem Ministerium schon unrühmlich vorangetriebenen Gesetzgebungsverfahren.
Bei der von der EU bis 2010 geforderten Einrichtung einer nationalen Akkreditierungsstelle hatte zu Gutenberg von Anfang an auf eine rein privatwirtschaftliche GmbH-Lösung gedrängt und die von den meisten Beteiligten geforderte Behördenvariante in diesem wichtigen Bereich hoheitlicher Zertifizierungs- und Überwachungsaufgaben vehement bekämpft.
Er war dazu Ende April mit einem unabgestimmten Gesetzentwurf ins Bundeskabinett gegangen und hatte damit die beteiligten Ressorts zu einer Protokollnotiz gezwungen, um wenigstens im hochsensiblen Bereich des gesundheitlichen Verbraucherschutzes staatliche Einflussmöglichkeiten bei Akkreditierung und Zertifizierung zu sichern.
Nachdem zu Guttenberg im anschließenden Gesetzgebungsverfahren ausnahmslos alle vorgeschlagenen Alternativvarianten sowie eine Verschiebung des Verfahrens verworfen hatte und lediglich Regelungen zu staatlichen Einflussmöglichkeiten auf Minimalniveau zuließ, verprellte er im Bundesrat auch noch die Länder. Diese verweigerten der auch von ihnen ungewollten GmbH-Lösung eine Mitfinanzierung.
Vor dem Hintergrund dieses kaltschnäutzig durchgezogenen Privatisierungsgesetzes belegt die nun öffentlich gewordene Vergabe zur Ausarbeitung der Verträge für die Akkreditierungsstelle ausgerechnet an eine private Anwaltskanzlei in London nicht nur zu Guttenbergs Defizite in Bezug auf sein Grundverständnis ministerieller Aufgabenerledigung.
Wer bei einem so umstrittenen Gesetz, das die weitgehende Privatisierung hoheitlicher Überwachungsaufgaben regelt, auch noch die rechtliche Umsetzung an eine private Kanzlei vergibt, beweist neben mangelndem Fingerspitzengefühl und leichtfertigem Umgang mit Steuergeldern auch eine naive Privatisierungsgläubigkeit. Wenigstens die Ausarbeitung der Verträge für die nationale Akkreditierungsstelle muss in staatlicher Hand bleiben.